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Rezension zu
Westwall – Auf welcher Seite willst du stehen?

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Polizeischülerin als Spielball von Terrorermittlungen

Von: Eva Krafczyk
05.05.2019

Benedikt Gollhardt hat bisher immer Drehbücher geschrieben - das merkt man seinem Thrillerdebüt "Westwall" auf wohltuende Weise an. Denn so bildstark und szenisch ist der spannende Roman um eine Polizeischülerin, die zum Spielball des Verfassungsschutzes wird, dass ganz automatisch Kopfkino in Gang gesetzt wird. Mit Rechtsextremismus, Terrorplänen, Manipulation und Machtmissbrauch hat Gollhardt aktuelle Themen audgegriffen und bei aller dichterischer Freiheit acheint das Szenario nicht aus der Luft gegriffen. Polizeischülerin Julia ist das Berufsziel Polizei nicht gerade in die Wiege gelegt worden: Die junge Frau wuchs in einer Bauwagensiedlung von Aussteigern auf, ihr Vater ein ehemaliger Punker, der sie alleine aufgezogen hat. Dass sein Julchen ausgerechnet zu den "Bullen" will, kann der Mann mit dem "ACAB"-Tattoo (All cops are bastards) irgendwie nicht nachvollziehen. Und ein bißchen scheint der manchmal eher naiv-unschuldigen Frau denn auch die Härte für diesen Job zu fehlen - auch wenn ihr Ausbildungsleiter etwas Vielvesprechendes in der jungen Frau sieht und sie fördert. Als sie scheinbar zufällig den coolen Motorradfahrer Nick kennenlernt, verliebt sich Julia Hals über Kopf. Dann findet sie heraus, dass Nick eigentlich ganz anders heißt und ein riesiges Hakenkreuz auf dem Rücken tätowiert hat. Als sie eigene Nachforschungen anstellt, weiß sie bald nicht mehr, wem sie noch vertrauen kann. Ihr Vater stellt Fragen, die sie irritieren, drängt sie ebenfalls zu einem längeren Urlaub wie ihr Ausbildungsleiter. Ein Beamter des Bundesamts für Verfassungsschutzes, der schon seit Jahren eine rechtsextreme Gefährderin im Blick hat, glaubt unterdessen, vor einem Durchbruch zu stehen. Doch immer wieder tauchen neue Hindernisse auf, während Julia in einen Strudel dramatischer Ereignisse stürzt, die ihre ganzen Zukunftspläne zum Einsturz bringen könnten. Sie muss sich fragen, ob sie benutzt wird und ob selbst ihr geliebter Vater ihr etwas Wichtiges über ihr Leben verschweigt. Die Suche nach der Wahrheit bringt nicht nur ihr Leben in Gefahr.... Gollhardt vermeidet glatte, eindimensionale Charaktere, die Grenze zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch verschwimmen auch bei denen, die auf der "guten" Seite stehen, Schuld, Versagen, Doppelspiel, Verdrängen und Verschweigen - der Zweck heiligt nicht nur bei Terrorplänen die Mittel. Die düstere Athmosphäre zwischen Hochhausghettos und Waldeinsamkeit an einem Bunker des "Westwalls" wechselt sich ab mit geradezu poetischen Beschreibungen wie "Fahles Mondlicht floss durch den Wald und verfing sich schillernd in einer großen, durchsichtigen Blase, die lautlos zwischen den Stämmen umherschwebte, wie von einem zarten Windhauch getrieben." Das klingt fast schon wie Chandler im Wald.

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