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Rezension zu
Whisper Network

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

#MeToo in der Business-Etage

Von: Eva Krafczyk
10.04.2020

Genderdebatten lassen sich auch spannend-unterhaltsam führen. Mit "Whisper-Network" jedenfalls hat die amerikanische Autorin Chandler Baker einen Roman geschrieben, mit dem sich auch jene Frauen auf die Diskussion über übergriffige Männer und Abwehrstrategien von Frauen einlassen, die im Perlenketten-und-Kostüm-Look vehement erklären, mit "Emanzen" nichts am Hut zu haben. Und auch die Autorin wirkt, so zeigt eine kurze Internetrecherche, zu ihrem Foto, wie eine dieser WASP-Frauen (white Anglo-Saxon Protestant), die traditionell eher nicht zu den am meisten diskriminierten Gruppen gehören. Aber nicht erst seit der #MeToo-Debatte ist ja klar: Nur wenige Frauen sind so privilegiert, so einflussreich, so unantastbar, als dass es nicht doch mal einen Mann gegeben hat, der grabscht, eine sexistische Bemerkung fallen lässt, sich übergriffig verhält - einfach, weil er es kann. The "Whisper-Network" führt die Leserinnen - in meinem Fall die Hörerinnen, da ich das von Anna Carlsson gelesene Hörbuch hörte - in die Welt der Juristinnen Sloane, Ardie und Grace, die in der Rechtsabteilung eines texanischen Sportartikelunternehmens arbeiten. Alle drei sind beruflich erfolgreich - Sloane ist sogar die stellvertretende Leiterin der Rechtsabteilung. Finanzielle Probleme kennen sie nicht, auch wenn privat nicht alles perfekt ist: Sloane macht sich Sorgen um ihre zehnjährige Tochter, die in der Schule gemobbt wird, Grace leidet an einer postnatalen Depression und Ardie muss nach ihrer Scheidung in den Alltag als Alleinerziehende hereinfinden. Und dann ist da noch Ames, der Vorgesetzte der drei Frauen, mit dem Sloane einst eine kurze Affäre hatte. Ames ist ein Mann, über dessen Verhalten Frauen schon immer gemunkelt wurde - nun sucht er auffällig die Nähe zu einer neuen, jungen Kollegin. Gewünschte oder ungewünschte Aufmerksamkeit? Wo fängt Verhalten an, übergriffig zu werden? Und wie sollen sich die Frauen verhalten, da Ames nunmehr als heißer Kandidat für das Amt des Geschäftführers gilt und dann noch unangreifbarer wäre? Die drei diskutieren noch über das weitere Vorgehen, als Sloanes frühere Mentorin sie auf eine unter den Business-Frauen der Stadt kursierende Excel-Liste hinweist, zu der jede beitragen kann. Über dieses anonyme Netzwerk warnen Frauen ihre Geschlechtsgenossinen vor Kollegen und Chefs, vor denen man sich in Acht nehmen muss. Und dann ist Ames plötzlich tot. War es Mord? War es Selbstmord? Plötzlich finden sich die drei Frauen, die juristisch gegen ihren Arbeitgeber vorgehen wollten, selbst einer Gegenklage gegenüber, die sie finanziell und beruflich ruinieren könnte. Vom Aufbau erinnert Whisper-Network ein bißchen an "Little Big Lies", denn die Geschichte wird von hinten aufgerollt, mit einer polizeilichen Untersuchung, mit Aussagen und Zeitsprüngen zu den Erlebnissen der drei Frauen sowie zu der Putzfrau Rosalita, die zunächst so gar nichts mit den anderen zu verbinden scheint und der eine ganz entscheidende Rolle zukommen soll. Das Whisper-Network lebt vom Ungesagten, von Andeutungen, von Rätselraten - war da was? Wurde etwas überinterpretiert? Welche persönlichen Motive spielen rein? Wer hat welche Interessen? Wer kann wem vertrauen? Dabei sorgt Baker für manche Überraschung und verzichtet auf Schwarz-Weiß-Malerei nach dem Motto: Lauter böse Männer, laute gute Frauen. Im richtigen Leben ist es schließlich auch nicht so einfach. Anna Carlsson schafft es dabei als Sprecherin, jeder der Protagonistinnen eine eigene unverwechselbare Stimme zu geben. Ihre angenehme Erzählstimme macht das Buch zu einem echten Hörvergnügen.

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