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Rezension zu
Ich bringe dich zum Schweigen

Gewaltätige Psychologie

Von: Michael Sterzik
22.07.2023

Rivalität unter Geschwistern – kennt man wahrscheinlich. Neid spielt oftmals mit die größte Rolle, auch wenn es darum geht’s Anerkennung von den eigenen Eltern, oder um Konkurrenz Freunde zu gewinnen. Besonders schwierig wird die Beziehungsebene, wenn es sich um Stiefgeschwister handelt. Wird der Eindringling in das persönliche Leben von Anfang an akzeptiert, oder baut sich vom ersten Tag eine schier unpassierbare Mauer auf !? Eine schwierige Situation, auch für die Eltern, die diese psychologischen Machtspiele deutlich zu spüren bekommen. Als Mediator zwischen den Kindern und um eine gewisse „Neutralität“ zu wahren, ist es ein kleiner Tanz auf dem Vulkan. Eskalieren die Emotionen in physischer Gewalt, können aus Hass lebensbedrohliche Situationen entstehen, zumindest wird sich der Druck als Ventil ggf. auch durch psychologische Schäden zeigen. Die Autorin Sarah Nisi thematisiert dieses emotionale Minenfeld in ihrem zweiten Roman: „Ich bringe Dich zum Schweigen“. Die Beziehung der Stiefschwestern Phoebe und Charlie ist seit ihrer Kindheit durch Konkurrenzkampf geprägt. Ein Ereignis in der Schulzeit machte daraus offene Feindschaft. Umso überraschter sind beide, als sie jetzt, mit Ende 20, gemeinsam ein größeres finanzielles Erbe antreten sollen. Die einzige Bedingung: Sie müssen sich unterstützen – denn nur durch enge Zusammenarbeit kann ihnen der Durchbruch in der Theaterszene Londons gelingen. Was sich wie eine Aufforderung zur Versöhnung anhört, wird für Charlie und Phoebe zum Albtraum. Und das Ringen um eine erfolgreiche Inszenierung ein fatales Spiel um Leben und Tod.(Verlagsinfo) Die Autorin erzählt sehr raffiniert von einem psychologischen, kriegerischen Feldzug zweier Stiefschwestern, deren jedes Mittel recht ist, um sich für die Verletzungen der Vergangenheit zu rächen. Beide Personen sind hervorragende „Schauspielerinnen“ und verstehen es theatralisch und dramaturgisch zu manipulieren. Sie werden zu Grenzgängerinnen, wobei sich die Perspektive des Täters und des Opfers immer wieder wechselt. Allerdings sind die emphatischen Grenzen klar gezogen, die eine ist seit Kindheitstagen immer das Opfer, dass sich nun im erwachsenen Alter einen detaillierten Plan ausdenkt, um mit der Vergangenheit abzuschließen. Die andere dagegen ist eine Großmeisterin der psychologischen Gewalt, die fast schon bösartig daran arbeitet, die andere zu vernichten. Die erzählerische Perspektive wechselt – nicht die beiden verfeindeten Stiefgeschwister bekommen ihr persönliches Podium, sondern auch einzelne Nebenfiguren, die allerdings wichtiger sind, als es zum Anfang den Eindruck macht. Die Atmosphäre des Romans steht stabil unter einer hohen Anspannung. Ruhige Momente gibt es nicht – denn jedes Detail und jede Kommunikation ist nahezu ein einzelnes Puzzleteil, um diese komplexe Auseinandersetzung letztlich durchschauen zu können. Die Manipulation hat ebenfalls einen hohen Stellenwert – denn hier ist keiner unschuldig – es gibt durchaus Abstufungen. Als Leser empfindet man recht fix eine gewisse Sympathie und Antipathie für die beiden Schwestern. Die Rückblicke in die Vergangenheit zeigen auf, wie tief die Verletzungen führen und wann jeder von den beiden den Point of no return überschreitet. Gefallen hat mir auch einen gewissen Einblick in die kulturelle Welt des britischen Theaters einzutauchen, denn diese Abwechslung ist auch inhaltlich die Möglichkeit, die Anspannung etwas abzumildern. Das psychologische Katz-und-Maus-Spiel ist der Grundtenor der Handlung. „Ich bringe Dich zum Schweigen“ ist kein temporeicher Roman, in dem sich die Ereignisse überschlagen. Der schriftstellerische Stil der Autorin kompliziert und ich empfehle diesen Roman in großen Teilen zusammenhängend zu lesen, um der Story folgen zu können. Anerkennenswert sind die Wendungen und Überraschungen, die die Autorin passgenau eingearbeitet hat. Abgründige Psychologie – inkludiert Manipulationen, Mobbing und systemseitige Bereitschaft, einen Menschen zielgenau und bösartig schaden zu wollen. Damit ist „Ich bringe Dich zum Schweigen“ sehr zu empfehlen. Ein ausgereifter psychologischer Roman, in dem die Waffen die umfassende Intelligenz eines Menschen ist, und auch diese kann tödlich sein. Fazit Die Abstufungen von psychologischer Gewalt werden hier auf hohem, spannendem Niveau erzählt. Tiefgründige und angespannte Atmosphäre, die eine großartige Unterhaltung bietet. Michael Sterzik

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