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Rezension zu
Ich an meiner Seite

Feinfühlige Erzählung über einen Wiedereinstieg

Von: nicolekleber
22.11.2023

„Schon bald habe ich das Gefühl gehabt, dass kein Glanzbild mich hier rausbringen wird, sondern einzig und allein ich an meiner Seite.“ Arthurs Lebensgeschichte lässt einen nicht nur einmal laut aufstöhnen und die Arme nach im ausstrecken, und passiert so oder so ähnlich wohl trotzdem unzählige Male. Er wächst ohne Vater auf, der neue Partner der Mutter spricht nie mit ihm oder seinem Bruder Klaus, sondern grundsätzlich nur über ihn. Als die Erwachsenen beschließen nach Spanien auszuwandern und dort ein Sterbehospiz zu eröffnen, verliert Arthur das Wenige, das bis jetzt Halt bot. Als Klaus dann auch noch aus Spanien abhaut steht er recht verloren da – bis er sich mit zwei Mitschülern anfreundet, Milla und Princeton. Aus dieser Bekanntschaft entwickelt sich ein bisexuelle Dreiecksgeschichte die in einer Tragödie endet. Er verlässt Spanien, geht zurück nach Wien und gerät dort in einen Ausnahmezustand, der schließlich in einer Haftstrafe gipfelt … Jetzt, nach mehr als zwei Jahren Haft steht Arthur 22jährig endlich wieder draußen. Sein erster Weg führt ihn in seine Haftentlassenen-WG, ein von einer Therapie begleitetes Wohnprojekt. Der Therapeut, Konstantin Vogl, genannt Börd, soll Arthur helfen, zu einem stabilen Mitglied der Gesellschaft zu werden und zu seinen recht innovativen Methoden gehören Purzelbäume ebenso, wie das entwickeln einer Optimalversion Arthurs. „Sie sollen sich über diese Figur dermaßen klar werden, dass Sie sie in brenzligen Situationen ‚spielen‘ können, in sie hineinschlüpfen. Sich über etwas hinwegretten, indem Sie so tun, als wären Sie diese Version von sich, die bessere, die weichgezeichnete, die klügere. Und deshalb nicht straffällig werden.“ Auch das von Börd angeregte „Schwarzsprechen“ bei dem Arthur auf Band spricht, was ihn bewegt, ist Teil seiner Resozialisierungstherapie. Dadurch und in Rückblenden erfahren sowohl Börd als auch die Lesenden, WAS den stillen und intelligenten Jungen aus der Bahn geworfen hat. Auch welchen Gewalttaten er im Gefängnis ausgesetzt war, die ihm übelste Flashbacks bescheren. Wir gehen mit zu einer Wohnungsbesichtigung und erleben Absage um Absage auf seine Bewerbungen. Und wir lernen Graziella kennen, eine todkranke und glamouröse ehemalige Schauspielerin, die jetzt Arthurs Ersatzmutter spielt. Trotz allem glaubt man fest, dass er es schaffen wird – bis Börd wieder einmal ein verhängnisvoller Fehler passiert. Börd, der ein Alkohlproblem und Depressionen hat, den auch etwas aus der Bahn geworfen hat und der von seiner Optimalversion gerade ziemlich weit weg ist. Birgit Birnbacher hatte eine reale Vorlage für diesen großartig, oft mit Witz und Lakonie, immer aber feinfühlig, menschenfreundlich erzählten Roman. Das hat mich sehr gefesselt, sehr bewegt. Eine riesengroße #Leseempfehlung!

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