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Rezension zu
Echos der Vergangenheit

Eine Liebeserklärung an die Literatur mit dem Rahmen von grausamen Kriegen

Von: MarcoL
27.05.2024

Beruhend auf einer wahren Begebenheit lässt der Autor hier ein Buch einen sehr vielschichtigen Roman erzählen. Richtig gelesen! Ein Buch erzählt es uns. Es ist der Roman von Joseph Roth „Die Rebellion“, der 1933 vor der Bücherverbrennung der Nazis von einer Familie gerettet wurde. Es ist eine Erstausgabe, noch in Sütterlin verfasst. Das Buch berichtet von seiner Rettung, den Verstecken, und vor allem ganz viel von seinem Verfasser Joseph Roth sowie seiner Frau Friederike Richter. Es sind teils erfolgreiche Schicksale, aber auch sehr traurige. Den Bogen zur Gegenwart spannt die Enkelin des Bücherretters, Lena – eine Künstlerin. Sie erbt eines Tages das Buch, auf dessen letzter Seite eine Art Landkarte gezeichnet worden ist. Von Amerika aus macht sie sich auf den Weg nach Berlin. Sie möchte mehr über das Buch und ihre Verwandten erfahren. Und vor allem auch, was es mit dieser ominösen Zeichnung auf sich hat. In Berlin lernt sie zwei junge Menschen kennen, die als Kinder vor dem grausamen Tschetschenienkrieg flüchten konnten. Armin trägt ein paar Granatsplitter in seinem Körper, seine Schwester Madina verlor damals ein Bein und unterhält eine spezifische Sammlung von Prothesen. Sie ist mittlerweile eine erfolgreiche Musikerin. So weit eine kurze Inhaltsangabe. In Wirklichkeit ist dieser Roman viel komplizierter, verschachtelter. Der Spannungsfaden mit Lena und ihrer Kunst, Armin und Madina zieht sich durch den Roman, ist wie der Puls. Die Atemzüge sind das Leben des Schriftstellers Roth mit all seinen Facetten, die nicht immer glorreich waren. Seine Frau „Frieda“ litt sichtlich unter der Beziehung. Vergangenheit und Gegenwart sind geschickt miteinander kombiniert. Der Große Krieg damals, sowie die Massaker der Russen in Tschetschenien in jüngerer Zeit auf der politischen Ebene; Schriftstellertum zur Nazizeit und bildnerische wie musikalische Künstler:Innen heute. Hamilton arbeitet Vergleiche von einst versus heute heraus, die sehr erschreckend sind: S.73: „Nach dem Krieg [Anm.: Erster Weltkrieg] werden die Menschen von einer Schwäche erfasst. Sie sind anfällig für Parolen. Die Grenzen zwischen Tatsachen und Fiktion sind inzwischen so schwammig, dass man beides nicht mehr voneinander unterscheiden kann. Als hätten die Leute einen Appetit auf Falschmeldungen entwickelt. S. 75: „Wenn man etwas gesichert nennt, gilt es zugleich als ungesichert. Lügen bedienen Ängste. Die Wahrheit ist zu beschwerlich.“ Der Roman liest sich trotz der Fülle an Details leicht und flüssig, baut einen guten Spannungsbogen auf, der nicht nur von der Suche Lenas geprägt ist, sondern auch die Literaturgeschichte und die Liebe zu den Büchern involviert. Ganz allgemein kann gesagt werden, dass dieses Buch eine Liebeserklärung an die Literatur darstellt. Die Idee, dass ein Buch erzählt, ist zwar nicht neu, aber immer wieder schön zu lesen. Auch die Gedanken und das „Leben“ der erzählenden Erstausgabe sind faszinierende schriftstellerische Besonderheiten, die ich sehr mochte. Darum gibt es von mir ein allumfassende Leseempfehlung für dieses wunderbare Buch. Auch das Cover ist treffend gestaltet, auch wenn man es auf den ersten Blick natürlich nicht erahnen kann, was die Schaukel dort zu suchen hat.

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