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Rezension zu
The Hate U Give

Ein Meisterwerk sowie ein Herzensbuch des aktuellen Jahrgangs!

Von: Lenny
06.08.2017

Ich sah das Cover, ich las den Klappentext und ich musste es mir einfach besorgen. Denn wer hat nicht die schrecklichen Nachrichten rund um die Polizeigewalt gegenüber Schwarzen in Amerika verfolgt, jüngst hat die Aktion #BlackLivesMatter für Aufsehen gesorgt und sogar große US-Weltstars zu einem politischen Statement hinreißen lassen. Eine sehr aktuelle Thematik also, großartig, dass es dazu schon ein Buch gibt - und zwar was für eins! Starr lebt in zwei völlig voneinander unterschiedlichen Welten: Wenn sie bei ihrem Papa im Laden arbeitet dann ist sie die Starr, die Slang spricht, Ausdrücke verwendet und das taffe junge Mädel raushängen lässt - und die gleichzeitig niemand bemerkt. Doch wenn sie ihre Schule in einem besseren Viertel der Stadt besucht, ist sie eine völlig andere: Hier achtet sie auf das, was sie sagt, trägt ihre teuren Markenschuhe und taucht im Tummel der Schüler unter - und fällt dennoch aufgrund ihrer Coolness auf. Die beiden Welten scheinen aufeinander zu prallen, als in einer turbulenten Nacht Starrs bester Freund aus Kindergartentagen von einem Polizisten - völlig ohne Grund - erschossen wird. Das Leben des Teenagers verändert sich komplett und Starr stellt sich immer wieder die Frage: Passen ihre beiden Welten zusammen oder ist das von vornherein zum Scheitern verurteilt? Ich kann gar nicht genug beschreiben, wie großartig dieses Buch ist. So ehrlich, so authentisch, so glaubwürdig - ab der ersten Seite war ich mitten drin in der Geschichte und fühlte sofort mit Starr mit. Dabei ist die Autorin wirklich schonungslos und geht bewusst dahin wo es weh tut - nur um den Leser zum Nachdenken zu bringen und wichtige Impulse zu geben, die zu einer wirklich tiefgründigen Reflexion führen. Selten hat mich ein Buch so ergriffen und dazu motiviert, Dinge nachzuschlagen, sie zu definieren, hinterfragen und mich letztendlich mit genau den Fragen zu beschäftigen, die das Buch stellt: Ist das, was passiert ist, tatsächlich Realität? Ja. Leider. Wie fühlen sich Betroffene in einer solchen Situation? Was macht das Geschehene mit mir? Und was ist mein Urteil? Welche Rolle spielt die Presse? Wie wichtig sind Organisationen für Betroffene? Und sind Aufstände wirklich nur sinnlos oder erfüllen sie einen tieferen Zweck? Fragen, die das Buch stellt, sie vielleicht nicht immer beantwortet, aber definitiv tiefgründig erörtert. Und das tut es nicht irgendwie, sondern für Jugendliche zugänglich und sehr leicht zu durchsteigen: Die Charaktere sind so nah am aktuellen Zeitgeist, greifen beispielsweise moderne Formulierungen auf, nennen aktuelle Musikstücke oder alte Evergreens, die heute noch bekannt sind und schafft somit nicht nur eine Bindung zum Leser, sondern gibt auch einen tollen Einblick in die Kultur des Ghettos, in dem Starr lebt. Darüber hinaus sind die Figuren sehr unterschiedlich, was eine Auseinandersetzung aus verschiedenen Blickwinkeln ermöglicht und auch unterschiedliche Zugänge schafft: Chris, Starrs weißer und reicher Freund denkt und verhält sich beispielsweise anders als Starrs Stiefschwester Kenya, die selbst im Ghetto lebt und deren Vater DER Drogenboss schlechthin ist. Ja, man mag vielleicht nicht jede Figur, aber doch ist jede auf ihre Weiße bedeutend - und genau das machte die Geschichte spannend und interessant. Ob ich es als klischeebehaftet empfunden habe? Nein, denn es wird deutlich, dass das ein möglicher Alltag in einem solchen Viertel ist, dennoch zeigt die Autorin Dinge auf, über die so schon berichtet wurde, gewährt aber auch sehr persönliche Einblicke, die aus ihrer eigenen Erfahrung stammen. Doch der wichtigste Aspekt muss erst noch genannt werden: Die Thematik. Wie oben bereits geschrieben, ist diese brandaktuell und macht sie deshalb umso wichtiger. Das Buch schafft einen klaren Rahmen, auch wenn er natürlich bei der Menge gar nicht alle geschichtlich relevanten Fakten rund um die Diskriminierung Schwarzer in den USA verarbeiten kann, dennoch bringt er einige Entwicklungen klar zur Sprache und bietet somit zumindest eine Einführung in die Thematik. Ab hier muss man dann als Leser selbst aktiv werden und Personen wie Martin Luther King, Malcom X oder das Konzept des Black Jesus recherchieren. Und genau das ist das wirklich gut gemachte an diesem Buch: Es zwingt einen, durch mehrmaliges Erwähnen dieser Schlüsselfiguren und/oder Konzepte diesen auf den Grund zu gehen, obwohl man die eigentliche Geschichte natürlich auch verstehen würde, wenn man diese Dinge nicht nachschaut. Trotzdem macht man es, weil man die Story in ihrer ganzen Fülle erschließen möchte - zumindest war das bei mir so. Zum Schluss noch ein paar Gedanken zur Sprache: Ich habe die Geschichte in Englisch gelesen und die wichtigsten Kapitel (also den Großteil, denn es gibt kaum ein Kapitel, das nicht zur Geschichte beiträgt) auf Deutsch gerereadet. Ich muss sagen: Ich bin froh, dass ich sie in Englisch gelesen habe, denn dadurch wirkt die Geschichte einfach nochmal authentischer. Die Ausdrücke, Formulierungen, Konzepte, der Slang - das alles kommt erst so richtig zum Tragen, wenn man es in der Originalsprache liest. Dennoch möchte ich anmerken, dass ich die deutsche Übersetzung als gelungen ansehe, denn sie versucht die Unterschiede zwischen den beiden Starrs, die auch völlig anders reden, deutlich zu machen - ja, sie ist natürlich beschränkt, denn genauso kann man es nicht auf Deutsch übersetzen, dennoch ist sie passend und hat zumindest einen Hauch des Originals, auch wenn es für Hater von Anglizismen ein Graus seinen dürfte in einem deutschen Werk die Ausdrücke boyfriend und girlfriend zu lesen. Wer also die Wahl hat, sollte zur englischen Ausgabe greifen, diejenigen, die es sich nicht trauen, machen aber mit der deutschen auch nichts falsch - hinzu kommt noch, dass ich das deutsche Printexemplar als sehr viel hocherwertiger empfinde als das englische Pendant. Mein Fazit: Was soll ich sagen? Großartige Charaktere, wichtige Thematik, eine authentische Sprache und eine grandiose Umsetzung - was will man mehr? Dieses Buch sollte quasi in jeder Schule gelesen, von jedem Buchfan verschlungen und von jedem Menschen inhaliert werden. Ich war verzweifelt, habe geweint, gelacht und mitgerappt und war zur selben Zeit völlig verliebt in einzelne Charaktere - wenn ein Buch das schafft, dann habe ich es hier mit einem Meisterwerk zu tun. Und genau das ist es. Noch viel mehr: Es ist eines meiner Herzensbücher im Jahr 2017 und erhält deshalb auch einen ganz besonderen Platz in meinem Bücherregal. Achso, und natürlich 5 Sterne. Lest es. Liebt es. Und reflektiert es - denn dann ist es nicht nur ein Buch mit ganz viel Herz, sondern auch eins mit ganz viel Sinn.

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