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Rezensionen zu
Bevor ich es vergesse

Anne Pauly

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€ 22,00 [D] inkl. MwSt. | € 22,70 [A] | CHF 30,50* (* empf. VK-Preis)

Nachdem sie die Habseligkeiten ihres Vaters aus dem Krankenhaus zusammen gepackt haben, sitzen sie vor dem Bestattungsunternehmer Monsieur Lecreux junior. Während des Gesprächs gerät ihr Bruder in Bestform und schreit Monsieur an, dass er sich mit dessen Gewinnspanne nicht einverstanden zeige, das alles sei Halsabschneiderei. Als sie entscheidet, dass sie sich durchaus einen Eichensarg statt einer Kieferkiste leisten könne, macht ihr Bruder gute Miene zum bösen Spiel und beschwert sich erst auf der Straße darüber, wie herablassend sie ihn behandelt hat und wie dumm dastehen lassen. So kennt sie ihn, das hat et er von seinem Vater, dieses cholerische und zwingt sie mit seiner Art in die Situation ihrer Mutter. Soweit ist es also zwischen ihnen gekommen. Sie fährt allein in das Haus ihres Vaters um auszusortieren, sich von Dingen zu trennen, die niemand mehr will. Die vielen Telefonate fallen ihr ein, wenn er sie angerufen hat. Dann ist er die Treppe hinabgestürzt und hat sich die Stirn angeschlagen. Ein folgendes Subduralhämatom hatte ihn ins Krankenhaus gezwungen. Aus Wut über seine Alkoholausfälle ging sie nicht ans Telefon und hat sich vor Selbstvorwürfen zerfressen. Dann ging sie wieder hin um den Schaden einer umgekippten Urinflasche zu beseitigen, den Küchentisch von verwesenden chinesischen Instandnudeln zu befreien und aus der Plastiktüte am Fußende seines Bettes abgelaufenen Joghurt und vergammeltes Obst zu entsorgen. Sie schrie, dann seufzte sie laut, verdrehte die Augen und fiel in das alte Verhaltensmuster mit ihm, in das alte Spiel. Er drängte und drängte, und ich gab nach, erst unter Protest, dann mit einer ganz und gar katholischen Selbstverleugnung. Aber es endete stets damit, dass ich diesen so verletzlichen Körper, dessen Unberechenbarkeit und Brutalität ich so lange gefürchtet hatte, umarmte, küsste und pflegte. S. 55 Fazit: Diese Geschichte habe ich sehr gemocht. Anne Pauly schreibt so modern, aufgeschlossen und reflektiert. Sie hat dem Thema Abschied nehmen und Verzeihen genau die richtige Prise Humor hinzugefügt. Dass der Vater die Familie terrorisiert hat, verblasst im Laufe der Erzählung und dadurch schafft die Autorin Platz für einen charakterstarken Mann, der schon in frühen Jahren durch seine Armut gebeutelt wurde und deshalb weniger Chancen hatte, als andere. Und, der zu einer Zeit aufwuchs, in der „Männer sich noch wie Männer benahmen“, ihren Frust hinuntersoffen, keine Gefühle zeigten und die Angst rausbrüllten, die sie sonst zu ersticken drohte. Vor allem hat die Autorin hat gezeigt, dass der Mensch, trotz aller fehlerhaften Verhaltensweisen, im Kern auch diese liebenswerten Seiten hat. Dieses Debüt wurde verständlicherweise mit dem französischen Publikumspreis, als bestes Buch des Jahres ausgezeichnet.

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BEVOR ICH ES VERGESSE Anne Pauly Anne steht mit ihrem Bruder am Krankenhausbett und packt die wenigen Sachen ihres gerade verstorbenen Vaters zusammen. Dabei gehen ihr Tausende Fragen im Kopf herum. Hätte sie sich öfter oder intensiver um ihn kümmern müssen? Ihr Vater war ihr nah. Sie empfand ihn als gerecht, sensibel, als einen nachdenklichen und schweigsamen Mann. Man konnte sich bei ihm sicher fühlen - zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als sich die Gewalt und der Alkohol bei ihm einschlichen. Andere sagen, dass sie sich ihren Vater schön redet, dass er es im Leben übertrieben hätte, dass er nicht immer gut war. Ja, das stimmt, aber zwischen seinen Besäufnissen nahm er sie in den Arm. Anne organisiert die Beerdigung und versucht das Haus ihres verstorbenen Vaters auszuräumen, dabei muss sie sich ihren Gefühlen stellen. Viele Dinge, die sie bereits vergessen glaubte, kommen zurück in ihr Bewusstsein. Schöne Lebenssituation, aber auch Begebenheiten, die besser verborgen geblieben wären. Es ist eine Geschichte über Trauer und deren Bewältigung. Ich durfte das Buch lesen und hören und möchte direkt vorab die ganz wunderbare und passende Stimme von Wiebke Puls erwähnen. Der Schreibstil der Autorin gefiel mir sehr, nur selten war er mir zu minutiös. Ich hatte mit Rückblicken in das Leben ihres Vaters gerechnet - einem Potpourri aus bunten Geschichten und Erinnerungen. Das ich mit Anne gemeinsam eine Beerdigung organisieren, an dem ausführlichen Gottesdienst für ihren Vater teilnehmen und im Anschluss mit ihr ein ganzes Haus entrümpeln würde, war mir vorher nicht bewusst. Mein Fehler - vielleicht sollte ich endlich beginnen, mehr als nur die ersten zwei Sätze der Buchbeschreibung zu lesen. Doch nur weil ich falsche Erwartungen hatte und der Inhalt des Buches nicht zu einhundert Prozent meins war, heißt es nicht, dass dies ein schlechtes Buch ist und deshalb gebe ich gerne eine Leseempfehlung für alle, die Trauergeschichten mögen.

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