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Rezension zu
Am Meer

Ein Leben im Lockdown - entschleunigt und dabei so hoffnungsvoll

Von: Wandern zwischen Büchern
06.06.2024

„Am Meer“, ins Deutsche übersetzt von Sabine Roth, war mein erstes Buch von Elizabeth Strout und erst jetzt ist mir aufgefallen, dass es tatsächlich der vierte Band einer Reihe ist. Gemerkt habe ich das beim Lesen überhaupt nicht, obwohl ich jetzt natürlich umso neugieriger auf die drei Vorgänger-Romane um die New Yorker Schriftstellerin Lucy Barton bin. In „Am Meer“ verlässt Lucy im März 2020 gemeinsam mit ihrem Exmann William New York, um sich in einem einsam gelegenen Haus am Meer in Maine vor der beginnenden Corona-Pandemie in Sicherheit zu bringen. Während sie das Weltgeschehen aus ihrem Exil heraus verfolgt, lernt sie auch so einiges über sich selbst und die Beziehungen zu William und ihren erwachsenen Töchtern. Es ist ein ruhiger, ein entschleunigter Plot über ein Leben im Lockdown, in dem wir uns wohl alle ein Stück weit wiederfinden. Elizabeth Strout gelingt es unglaublich gut, Lucys Gefühls- und Gedankenwelt während einer Pandemie, die alles zum Stillstand brachte, in Worte zu fassen. Und auch Lucy selbst ist eine außergewöhnliche Figur, denn sie beobachtet ihre Umwelt überaus feinsinnig, hinterfragt ihre eigenen Positionen und lässt Raum für die Einstellungen anderer – ist dabei aber keineswegs unfehlbar. Trotzdem: Von Lucy können wir alle noch etwas lernen. Eindrucksvoll fand ich auch, wie sie sich allmählich aus der anfänglichen Dunkelheit, die die Flucht aus ihrer Heimatstadt, die Trennung von ihrer Familie und die monatelange Isolation mit sich bringen, herauskämpft, indem sie neue Freundschaften schließt, ihre Umgebung kennen- und lieben lernt und sich auch ihrer einstigen großen Liebe William langsam wieder annähert. Die Geschichte entbehrt dabei jedoch jeglichen Kitsches – vielmehr wirkt sie wie mitten aus dem Leben gegriffen, wie etwas, das wir alle so oder so ähnlich hätten erleben können oder vielleicht sogar erlebt haben. Lucys nüchterner und zugleich emotionaler Blick auf eine für die USA in jeder Hinsicht turbulente und fordernde Zeit, eröffnet auch den Leser*innen noch einmal eine neue Perspektive. Elizabeth Strout greift in diesem Zusammenhang auch Themen wie Verlust, Entfremdung und zweite Chancen auf und sie fügen sich ganz wunderbar in diese leicht melancholische und doch hoffnungsvolle Geschichte ein. Einzig in der Mitte hat die Handlung für meinen Geschmack leicht stagniert, bevor sie gegen Ende wieder in ihr zwar gemächliches, aber absolut harmonisches Tempo zurückfand. „Am Meer“ ist deshalb für mich ein sehr einfühlsam und unaufgeregt erzähltes Buch, das vor allem von der Gefühls- und Gedankenwelt seiner Protagonistin Lucy, aber auch von den vielen kleinen und großen zwischenmenschlichen Beziehungen lebt, die trotz oder gerade wegen der Pandemie die Handlung bestimmen. Für mich eine echte Entdeckung und auf jeden Fall eine Empfehlung!

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