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Rezension zu
Eine Bonnie kommt niemals allein

Alltag, Umgang & Innenleben bei Dissoziativer Identitätsstörung

Von: miss_lia48
23.06.2024

„Wer die Dunkelheit nicht kennt, weiß das Licht nicht zu schätzen. Doch wer das Licht nicht kennt, weiß nicht, dass die Dunkelheit dunkel ist.“ ---- INHALT: Stellt euch vor, ihr befindet euch in einer Klinik und ihr beklagt euch beim Therapeuten, dass seit eurer Anwesenheit von eineinhalb Monaten, kein einziges Therapiegespräch bei ihm stattgefunden hat. Doch dann eröffnet euch der Therapeut zu eurem Erstaunen, dass ihr jeden zweiten Tag bei ihm in Therapie wart. Wie kann das sein? Da versteht man doch die Welt nicht mehr! So ging es auch den Bonnies, die mit 18 Jahren die Diagnose einer Dissoziativen Identitätsstörung (kurz: DIS) - früher auch bekannt unter multipler Persönlichkeitsstörung – erhalten. Verschiedene Persönlichkeiten teilen sich also ein und denselben Körper. Dabei sehen sie sich als vollständige Personen, die die unterschiedlichsten Fähigkeiten, Abneigungen, Aufgaben und verschiedenes Wissen haben. Unter ihnen befinden sich Babys, Kinder, Teenager, Erwachsene und auch Personen, die älter sind, als ihr gemeinsamer Körper. Darunter sind Persönlichkeiten unterschiedlichen Geschlechts. Manche wissen voneinander, andere nicht. Immer wieder kommt es zu Phasen, an die sich die Bonnies nicht erinnern können. Sie selbst bekommen erst etwas voneinander mit, als mehrere von ihnen nacheinander, mit ihrer jeweiligen persönlichen Handschrift und Ausdrucksweise, ein paar Sätze im offenliegenden Tagebuch hinterlassen. „Jede*r von uns ist in einem Moment entstanden, in dem sich die Psyche dazu entschied, dass genau das nun überlebensnotwendig sei. Die DIS ist ein Überlebensmechanismus.“ Die DIS ist als Traumafolgestörung zu verstehen, die im Kindesalter entstehen kann, wenn sich die Persönlichkeit noch nicht ausgebildet hat. Die Bonnies sind trotz ihrer Schwere und der Dunkelheit in ihrem Leben immer davon ausgegangen, dass sie eine wunderschöne Kindheit hatten. Doch tatsächlich sind die Erinnerungen an das Schreckliche nur nicht für alle zugänglich. „Dass ich Momente nicht vergessen, sondern gar nicht selbst erlebt hatte, würde einiges erklären. Es würde erklären, warum ich immer gute Noten in der Schule schrieb, obwohl ich mich oft nicht daran erinnern konnte, überhaupt gelernt zu haben. Es würde fremde Zettel auf meinem Schreibtisch erklären. Es würde erklären, warum mir ganze Nachmittage fehlten. Allerdings würde das ein Mittagsschlaf auch.“ ---- MEINUNG: Wie die Bonnies mit ihrer Diagnose umgehen und wie sie ihren Alltag mit den vielen Persönlichkeiten, die im gleichen Körper stecken, organisieren und bewältigen und vor allem auch, was sich dabei in ihnen selbst abspielt, das beschreiben sie anschaulich in ihrem Buch. Letzteres bekommt dabei besonders viel Raum, wodurch man sich ein gutes Bild darüber machen kann, was im Inneren der Bonnies vor sich geht. Sie haben das Buch gemeinsam und abwechselnd mit zwanzig ihrer zahlreichen Innenpersonen geschrieben. Die Wechsel sind dabei für Lesende gut zu erkennen, da sie alle Namen tragen und ihre jeweilige Ausdrucksweise haben. Schon vor diesem Buch habe ich manches über die DIS gelesen oder Dokus darüber gesehen, wodurch ich bereits manches über die Traumafolgestörung wusste und sie mir weniger abstrakt erschien. Aber natürlich bleibt jede Lebensgeschichte und jedes Erscheinungsbild der DIS individuell. Die Alltagsschilderungen fand ich besonders lebendig, authentisch und bewegend geschildert. Z. B. als eine Person das erste Mal Schnee sieht und Angst davor hat, oder eine Person, die noch nie Erdbeeren gegessen hat. Und wie muss es sein, wenn eine Person noch nie vorher Tageslicht gesehen hat, soziale Interaktion nicht kennt, mit dem falschen Namen angesprochen wird, oder nicht gehen oder nicht sprechen kann und plötzlich nach vorne kommt? Von diesen Beispielen hätte ich gerne noch mehr gehabt, da sie mir mögliche Auswirkungen im Alltag so bildlich vor Augen geführt haben und ich einige davon noch nicht kannte. Zudem gab es mir insgesamt im Buch etwas zu viele inhaltliche Wiederholungen. Aber vielleicht lässt sich das auch nicht vermeiden, wenn mehrere Innenpersonen gemeinsam daran schreiben. Was die Vergangenheit der Bonnies angeht, bleibt das Buch vage. Durch ihr Traumata bedingt ist das mehr als verständlich und völlig legitim. Außerdem bleibt das Buch dadurch auch eher für Leute lesbar, die sich von bestimmten sensiblen Themen getriggert fühlen könnten. So sind Traumata durch Gruppentäter*innen, Gewalt, Selbstverletzendes Verhalten und Suizidgedanken eher diffus beschrieben. Mir hat das Buch auf jeden Fall viele neue Eindrücke mit auf den Weg gegeben. Ich wusste vorher z. B. nicht, dass die DIS oftmals so lange nicht erkannt wird, auch weil viele Innenpersonen alles dafür geben, um den Schein zu wahren und Hilfe verhindern, da sie auch Eigenschaften von Täter*innen tragen können. ---- FAZIT: „Allein Offenheit, ein Bewusstsein für die Thematik und weniger Berührungsängste können Leben retten“, schreiben die Bonnies. Und mit ihrem Buch tragen sie einen weiteren Teil dazu bei, weshalb ich es euch sehr ans Herz legen möchte! ---- C.N.: Traumata durch Gruppentäter und Gewalt, Selbstverletzendes Verhalten und Suizidgedanken - werden sehr diffus beschrieben

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