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Rezensionen zu
Elmet

Fiona Mozley

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Elmet. Dieser Name lässt ein längst vergangenes Zeitalter auferstehen, einen Landstrich in Britannien, ein Versteck für Gesetzesflüchtige. Und doch lesen wir hier kein historisches Buch, auch wenn wir uns lange Zeit nicht sicher sein können, wann es spielt. Denn das Leben von John Smythe und seinen beiden Kindern Cathy und Daniel könnte in jeder Zeit spielen. Ihr Leben findet draußen in der freien Natur statt, sie bauen ihr Haus selbst, sie jagen und pflanzen an. Daddy verdient hin und wieder eine große Stange Geld, in dem er an illegalen Faustkämpfen teilnimmt und diese auch gewinnt. Er ist bekannt in der Gegend, wenn auch nicht unbedingt gefürchtet. NIcht von denen, die so wie er am Existenzminimum leben. Daniel und Cathy besuchen keine Schule mehr, sie lernen über das Leben, was die Welt ihnen beibringt. Cathy ist das ganz recht, sie ist wild und entschlossen und für ein vierzehnjähriges Mädchen ziemlich mutig. Daniel dagegen zeigt weichere Züge, er liest gern und unterhält sich über Kunst, bleibt lieber im Warmen anstatt hinaus zu gehen. Dass die Familie sich ihr Haus auf einem Landstück baut, das ihnen nicht gehört, stößt dem Besitzer natürlich sauer auf. Er stattet ihnen einen Besuch ab, droht und versucht zu handeln. Doch Smythe lässt sich nicht so leicht einschüchtern, vielmehr schmiedet er mit anderen aus der Gegend einen Plan, der sie alle von Price befreien soll. Der Ton des Buches hat mir unfassbar gut gefallen, nüchtern, präzise. Und unglaublich zeitlos. Nur langsam konnte ich die Geschichte in einen zeitlichen Rahmen packen, denn alles um die Familie Smythe hätte anfangs auch vor zweihundert Jahren spielen können, vor einhundert, vor fünfzig. Da die Kinder keine elektronischen Dinge besitzen, nicht mit Gleichaltrigen wirklich in Berührung kommen, verliert man recht schnell den Bezug zur Zeit. Um sie dann mit einem Faustschlag wiederzufinden und zutiefst zu erschrecken. Ja, denn die Geschichte in all ihrer brachialen Gewalt, die über die Familie hereinbrechen wird, sie ist nicht alt. Sie spielt nicht jenseits jeglicher Zivilisation. Und sie zeigt, wie die Menschen sich niemals geändert haben. Fazit Ein faszinierendes Buch über den Wunsch der persönlichen Freiheit, über Zusammenhalt und Familiensinn. Und ein Buch über Gewalt, beobachtet und erlebt. Ein Buch darüber, was es heißt, für sein Glück zu kämpfen. Und nicht immer zu siegen.

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Die Themen alternative Lebensentwürfe jenseits der Mainstream-Gesellschaft, "zurück zur Natur", Ökologie, Selbstversorger und Aussteigen sind in der aktuellen Belletristik gerade sehr en vogue. Auch hier kommt es aber auch wieder auf das "Wie" an, denn ob eine Geschichte den Leser berührt, kann nicht allein durch eine den Zeitgeist erfüllende Thematik erreicht werden. Es muss einfach das Gesamtpaket stimmen, denn was nützt die beste und brisanteste Thematik wenn Erzählweise, Plot und Figurenzeichnung nicht stimmen? In Fiona Mozleys "Elmet" stimmt alles. Nicht umsonst wurde der Roman 2017 für den "Booker Prize" nominiert. Archaisch und fesselnd erzählt die Buchhändlerin Mozley ihre Geschichte. In dieser geht es um Moral, Recht und die Sehnsucht nach einem Idyll. John Smythe verlässt seine Dorfgemeinschaft und zieht mit seinen jugendlichen Kindern Cathy Oliver und Daniel Oliver nach Elmet, ein Landstrich in Yorkshire, der früher einmal ein britannisches Königreich war. Hier hausen die drei total abgeschieden in einem Wäldchen und dort in einer aus Lehm und Haselzweigen selbst gebauten Hütte in der Nähe der Eisenbahnlinie London-Edinburgh. Der Vater verdient sein Geld mit Faustkämpfen, gegessen wird vor allem selbst erlegtes Wild, Eier der eigenen Hühner und selbst angebautes Gemüse. Bildung erhalten die Kinder durch Vivien, eine Freundin der abwesenden Mutter, deren Schicksal zunächst im Dunkeln bleibt. Das utopistische Projekt vom Selbstversorger-Leben in der Natur wird jäh gefährdet durch das Auftauchen des Großgrundbesitzers Mr. Price. Obwohl er mit dem Land, auf dem das Häuschen der Familie Oliver/Symthe steht, nichts anfangen will, beansprucht er selbiges für sich. Es beginnt ein zunächst kalter Krieg, bei dem es nur Verlierer geben kann. Ganz langsam entfaltet sich die Tragik dieses Romans. Leise und eindringlich entwickelt sich der Spannungsbogen. Dem Leser schwant bereits am Anfang Böses, denn direkt im ersten Kapitel wird angedeutet, dass das "Projekt" Elmet gescheitert ist. Hier spricht die Stimme des Erzählers Daniel im Präsens, kursiv gesetzt. Solche erzählerischen Intermezzi bzw Stimmen aus der Gegenwart des Erzählers gibt es zwischendurch dann noch öfters. Sie durchbrechen die in Rückblenden erzählte Handlung. Was ist vorgefallen, fragt sich der Leser, wie konnte diese Familie mit ihrem alternativen Dasein so krachend scheitern? Warum ist der Traum vom Einsiedlerleben im Wald geplatzt? "Elmet" ist ein durch und durch sozialkritischer Roman über "Haben und Sein", der den Kapitalismus und seine oftmals menschenverachtenden Prinzipien in Frage stellt. Der ominöse Mr. Smith steht für den Kapitalismus in Reinkultur, also für das "Haben" als Eigenwert, während die Familie Oliver/Smythe einfach nur "sein" möchte und zwar auf dem Land, das sie sich zum Leben auserkoren hat. Es ist eine trostlose, sehr traurige und brutale Geschichte, die Fiona Mozley sich ausgedacht hat - "bleak" wie man im Englischen sagen würde. Sehr atmosphärisch ist dieser Roman, beklemmend und doch von ausnehmend schöner Sprache, die niemals überfrachtet oder gekünstelt daherkommt. Ein kleines Juwel der Erzählkunst und noch dazu ein Debütroman!

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